Preis : EUR 18,84
This review is from : Alien, Marx & Co. - Slavoj Zizek im Porträt
Das Denken als wandelnder schnaufender Exzess .
Die unterhaltsame Dokumentation beginnt mit der Affirmation des kursierenden Vorurteils gegenüber Zizek, welcher als enfant terrible der Theorieszene entweder nicht ernstgenommen oder allzu sehr verehrt wird. In offensichtlicher Anlehnung an die Bücherverbrennung durch die Nazis im Mai 1933, zumindest meine erste gedankliche Verknüpfung, wird eine Szene gezeigt in der er behauptet, dass es einer Kultur hin und wieder gut tut, wenn Bücher verbrennen, weil dies in ihr einen kreativen Schub verursacht.Dieses Motiv einer radikalen Erneuerung, die auch in gewissem Umfang Gewalt zulässt und sich gegen die Gewohnheiten der eigenen Anschauungen wendet, kehrt beständig im Kontext seiner kulturkritischen Deutungen wieder. In diesem Bezugsrahmen interpretiert er Freiheit ebenfalls radikal abseits der lediglich liberalen Freiheitsdoktrin, die Freiheit nur unter der Voraussetzung einer richtigen Wahl, von zum Beispiel Konsumgütern oder Parteien oder Orientierungen generell, zulässt. Freiheit soll nach Zizek urtümlicher verstanden werden, denn sie ist radikal und gefährlich und ermöglicht das Unmögliche, so wie auch jede gute Politik immer auch das Unmögliche und Unerwartete anzustreben hat.Als Gewährsmänner der zizekschen Demokratiekritik werden die Franzosen Alain Badiou und Jaques Ranciere interviewt, welche als Kritiker des westlichen Demokratieprinzips (Postdemokratie, kapitalistische Demokratie etc.) zu Wort kommen. Kurz: Die westliche marktdeterminierte Demokratie ist zu einem Fetisch verkommen in der Ideologie auf subtile und vielschichtige Weise kulturell wirksam wird und vitale, sozusagen rein demokratische, Freiheit eine Illusion ist. So unter anderem auch in der Ethik, der im Gegensatz zu unseren eigentlich humanistisch-libertären Vorstellungen ein systematischer Zwang anhaftet, da uns ethische Imperative mit direkter oder subtiler Gewalt aufgezwungen werden, sei es durch Konsum, sei es durch unseren verfälschten Realismus oder durch unsere eigentümlich ungerechte Struktur unserer westlichen Wertehierarchien.Besondere Kritik wird am Begriff des Terrors geübt. Diese virulente Vokabel ist eine Art mystische Gegenkonstruktion zur Demokratie und lässt sie selbst terroristisch werden. Der Begriff besitzt ergo eine präzise ideologische Funktion in unserer Gesellschaft, da alles was sich der Demokratie widersetzt automatisch durch die Zuweisung des terroristischen deklassiert werden kann und als zu bekämpfende und mit allen Mitteln auszuschließende Negation verstanden wird. Ebenfalls verweist Zizek auf guten und schlechten Terror, in Anlehnung an den von ihm als gut befundenen jakobinischen Terror in der Französischen Revolution, und macht in Anlehnung an z.B. Machiavelli, den er aber nicht explizit nennt, auf den scheinbar produktiven Gebrauch von Gewalt aufmerksam. In diesem Kontext taucht auch wieder der Ahnherr Lenin in Metamorphose auf und wird durch Phrasen wie: Große politische Taten, sind schmerzhafte Taten, ins Spiel gebracht.Am Ende des Films wird noch Hollywood als Fundus und Steinbruch der Ideologiekritik-Produktion vorgestellt. David Lynch oder andere Regisseure werden als gesellschaftskritische Filmemacher interpretiert, die Autoritäten dadurch unterlaufen, indem sie diese lächerlich und impotent darstellen. Als bekennender Lacanianer ist die Theorie des französischen Postmodernen natürlich als Fundament aller Aussagen von Slavoj Zizek stets präsent.Kurz: Zizek wird wieder als denkender, wandelnder Exzess dargestellt, der sich vom System nicht integrieren lassen will, aber Gesellschaftskritik mit den Waffen der modernen Informationstechnologie und Organisationsstruktur (Bücher, Fernsehen, Internet, Flugzeug, Weltreisen, nomadische Lebensorganisation, verschiedene Professuren und Vorträge) bestreitet und damit letztlich auch auf der momentanen Gesellschaftsordnung wie eine sprichwörtliche Laus aufsitzt. Eine anspruchsvolle Frage an ihn wäre natürlich, ob er die Bedingungen seiner eigenen Produktion von Ideologiekritik kritisch reflektieren kann. Trotz aller plakativen Tricks und metapraktischen Umsturzandeutungen ist sein aufbrausendendes, brechstangenmäßiges Fabulieren, als eine Art Theoriefiktion, nicht nur stilisiert, sondern trifft an wunden Punkten und rüttelt an unserer bequemen Wahrnehmung. Auch wenn Zizek ein wandelnder Provokateur ist und kaum in der Lage scheint brauchbare Alternativen anzubieten, da sein Diskurs im Grunde ein parasitärer ist und von den Bedingungen lebt, die er umzustürzen vorgibt, empfehle ich die Doku über ihn. Möglicherweise, weil Zizek schon eine Art von Metakonsum ist und man Ideologiekritik so popkulturell aufbereiten kann, dass selbst die Kritik am Konsum noch in homöopathischer Dosis konsumiert werden kann.Wahnsinn !
Das Denken als wandelnder schnaufender Exzess .
Die unterhaltsame Dokumentation beginnt mit der Affirmation des kursierenden Vorurteils gegenüber Zizek, welcher als enfant terrible der Theorieszene entweder nicht ernstgenommen oder allzu sehr verehrt wird. In offensichtlicher Anlehnung an die Bücherverbrennung durch die Nazis im Mai 1933, zumindest meine erste gedankliche Verknüpfung, wird eine Szene gezeigt in der er behauptet, dass es einer Kultur hin und wieder gut tut, wenn Bücher verbrennen, weil dies in ihr einen kreativen Schub verursacht.Dieses Motiv einer radikalen Erneuerung, die auch in gewissem Umfang Gewalt zulässt und sich gegen die Gewohnheiten der eigenen Anschauungen wendet, kehrt beständig im Kontext seiner kulturkritischen Deutungen wieder. In diesem Bezugsrahmen interpretiert er Freiheit ebenfalls radikal abseits der lediglich liberalen Freiheitsdoktrin, die Freiheit nur unter der Voraussetzung einer richtigen Wahl, von zum Beispiel Konsumgütern oder Parteien oder Orientierungen generell, zulässt. Freiheit soll nach Zizek urtümlicher verstanden werden, denn sie ist radikal und gefährlich und ermöglicht das Unmögliche, so wie auch jede gute Politik immer auch das Unmögliche und Unerwartete anzustreben hat.Als Gewährsmänner der zizekschen Demokratiekritik werden die Franzosen Alain Badiou und Jaques Ranciere interviewt, welche als Kritiker des westlichen Demokratieprinzips (Postdemokratie, kapitalistische Demokratie etc.) zu Wort kommen. Kurz: Die westliche marktdeterminierte Demokratie ist zu einem Fetisch verkommen in der Ideologie auf subtile und vielschichtige Weise kulturell wirksam wird und vitale, sozusagen rein demokratische, Freiheit eine Illusion ist. So unter anderem auch in der Ethik, der im Gegensatz zu unseren eigentlich humanistisch-libertären Vorstellungen ein systematischer Zwang anhaftet, da uns ethische Imperative mit direkter oder subtiler Gewalt aufgezwungen werden, sei es durch Konsum, sei es durch unseren verfälschten Realismus oder durch unsere eigentümlich ungerechte Struktur unserer westlichen Wertehierarchien.Besondere Kritik wird am Begriff des Terrors geübt. Diese virulente Vokabel ist eine Art mystische Gegenkonstruktion zur Demokratie und lässt sie selbst terroristisch werden. Der Begriff besitzt ergo eine präzise ideologische Funktion in unserer Gesellschaft, da alles was sich der Demokratie widersetzt automatisch durch die Zuweisung des terroristischen deklassiert werden kann und als zu bekämpfende und mit allen Mitteln auszuschließende Negation verstanden wird. Ebenfalls verweist Zizek auf guten und schlechten Terror, in Anlehnung an den von ihm als gut befundenen jakobinischen Terror in der Französischen Revolution, und macht in Anlehnung an z.B. Machiavelli, den er aber nicht explizit nennt, auf den scheinbar produktiven Gebrauch von Gewalt aufmerksam. In diesem Kontext taucht auch wieder der Ahnherr Lenin in Metamorphose auf und wird durch Phrasen wie: Große politische Taten, sind schmerzhafte Taten, ins Spiel gebracht.Am Ende des Films wird noch Hollywood als Fundus und Steinbruch der Ideologiekritik-Produktion vorgestellt. David Lynch oder andere Regisseure werden als gesellschaftskritische Filmemacher interpretiert, die Autoritäten dadurch unterlaufen, indem sie diese lächerlich und impotent darstellen. Als bekennender Lacanianer ist die Theorie des französischen Postmodernen natürlich als Fundament aller Aussagen von Slavoj Zizek stets präsent.Kurz: Zizek wird wieder als denkender, wandelnder Exzess dargestellt, der sich vom System nicht integrieren lassen will, aber Gesellschaftskritik mit den Waffen der modernen Informationstechnologie und Organisationsstruktur (Bücher, Fernsehen, Internet, Flugzeug, Weltreisen, nomadische Lebensorganisation, verschiedene Professuren und Vorträge) bestreitet und damit letztlich auch auf der momentanen Gesellschaftsordnung wie eine sprichwörtliche Laus aufsitzt. Eine anspruchsvolle Frage an ihn wäre natürlich, ob er die Bedingungen seiner eigenen Produktion von Ideologiekritik kritisch reflektieren kann. Trotz aller plakativen Tricks und metapraktischen Umsturzandeutungen ist sein aufbrausendendes, brechstangenmäßiges Fabulieren, als eine Art Theoriefiktion, nicht nur stilisiert, sondern trifft an wunden Punkten und rüttelt an unserer bequemen Wahrnehmung. Auch wenn Zizek ein wandelnder Provokateur ist und kaum in der Lage scheint brauchbare Alternativen anzubieten, da sein Diskurs im Grunde ein parasitärer ist und von den Bedingungen lebt, die er umzustürzen vorgibt, empfehle ich die Doku über ihn. Möglicherweise, weil Zizek schon eine Art von Metakonsum ist und man Ideologiekritik so popkulturell aufbereiten kann, dass selbst die Kritik am Konsum noch in homöopathischer Dosis konsumiert werden kann.Wahnsinn !
Product Details
EAN : 9783898485623Weight : 1 pounds
Height : 1 inches
Length : 8 inches
Width : 6 inches
Aspect Ratio : 4:3 - 1.33:1
Audience Rating : Freigegeben ohne Altersbeschränkung
Binding : DVD
Director : Susan Chales de Beaulieu
Format : HiFi Sound
Manufacturer : absolut Medien GmbH
Publisher : absolut Medien GmbH
Release Date : 2010-04-23
Running Time : 52
SKU : 9783898485623
Studio : absolut Medien GmbH
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